Is it legal to shut an opera house?

Is it legal to shut an opera house?

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norman lebrecht

November 16, 2020

Two Austrian lawyers are challenging the state’s right to shut down cultural sites:

Ankündigung der Verfassungsklage,
die Florian Krumpöck in Zusammenarbeit mit Mag. iur. Florian Dittrich
und dem Rechtsanwalt Dr. Wolfram Proksch (ETHOS.legal) einbringen wird.

Ziel ist die Klärung der Frage,
ob die jüngste Schließung der Kulturstätten verfassungskonform war.

“Oh grauenvolle Stille”

(L. v. Beethoven: Kerkerszene aus Fidelio)

Auf welcher Seite der Gitter in Florestans Kerker befinden sich das Publikum und die Kunstschaffenden aktuell?

Eingesperrt von den Zwängen eines de facto Berufsverbotes? Ausgesperrt aus den heiligen Hallen von Adornos „Versöhnung von Mensch und Natur“? Eingesperrt in der Lethargie einer teils durch wirtschaftliche Abhängigkeit erzwungenen Kritiklosigkeit; buchstäblich sprachlos ob der wachsenden Entdemokratisierung durch eine schleichende Aushöhlung von innen, bei der mehr oder weniger tatenlos zugesehen werden muss? Oder gar ausgesperrt von der aktiven Mitwirkung an den Verhandlungen über die brisante Thematik sogenannter Systemrelevanz?

Ein politisches System, das zentrale Kulturstätten als bloße „Freizeiteinrichtungen“, und da eingebettet zwischen „Paintballanlagen“ und „Stätten zur Ausübung der Prostitution“ klassifiziert, ist bereits selbst das erste und offenkundigste Produkt eben dieses Systems, das zu einer beängstigend fortschreitenden Halb- und Unbildung führt. Der erschöpfende Diskurs über die Bedeutung von Kunst und Kultur als zentraler und unverzichtbarer Meilenstein einer umfassenden, humanistisch geprägten Allgemeinbildung kommt zu spät.

Wir stehen fassungslos vor dem Status quo, dass trotz der sorgsam in Kooperation mit, von Landes- und Bundesregierungen empfohlenen Gesundheitsexperten erarbeiteter Präventionskonzepte sowie Hygienemaßnahmen und trotz keinerlei relevanter Infektionsketten im Publikum sämtliche Kultureinrichtungen erneut Anfang November geschlossen wurden. Bei der angekündigten partiellen Öffnung Anfang Dezember scheinen Kultureinrichtungen offenbar nicht einmal der Erwähnung wert zu sein.

In letzter Sekunde wurden Verordnungen zu Entschädigungszahlungen erlassen, die aufgrund mittlerweile zum politischen Alltag gehörender dilettantischer Verhandlungs- und Formulierungsgeschicke zu Widersprüchlichkeiten geführt haben, der vor allem die Schwächsten der Kette zum Opfer fallen werden.

Müssen wir uns in einer freien Gesellschaft, die ein Anrecht auf Kunst, Kultur und altersunabhängiger Bildung als zentrale Säulen des Menschseins hat und die veranstalter- und künstlerseitig der Pflicht zur Vorsorge durch erfolgreiche Präventionsmaßnahmen nachgekommen ist, tatsächlich mit Begründungen von nicht weiter erörterter „Gleichbehandlung“ abspeisen lassen? Religiöse Veranstaltungen werden mit dem Verweis auf die drohende Verletzung von Grundrechten weiterhin ermöglicht und eine Schließung der Freiwilligkeit überlassen. Groteskerweise erscheint dann aber der grundrechtliche Schutz von Kunst und Kultur im gleichen Atemzug irrelevant! Welche politischen Abwägungen und Verhältnismäßigkeitsprüfungen liegen dem wohl zu Grunde?

Aber schließlich sind die Grenzen der rein rhetorischen Betrachtungen längst erreicht! Zu viele kritische Stimmen von natur- wie geisteswissenschaftlichen Expertinnen und Experten bleiben in der untergehenden Polyphonie unseres demokratischen Systems ungehört und werden lapidar dem allgegenwärtigen Pranger der „sozialen Medien“ überlassen.

Was bleibt, ist die dringliche Notwendigkeit einer verfassungsjuristischen Untersuchung:

1. Präventionsmaßnahmen im Veranstaltungsbereich führten zwischen Juli und Oktober 2020 zu keinerlei relevanten Infektionsketten im Publikum.

2. Die unseres Erachtens unverhältnismäßige Maßnahme der jüngsten Schließungen verbunden mit keinerlei erkennbarer Absicht zur zeitnahen Wiedereröffnung von Kulturstätten nach dem Aufheben der aktuellen Ausgangssperren scheint also weder ein geeignetes, noch das gelindeste Mittel zu sein, um die Covid-19 Pandemie effektiv und effizient, und vor allem zielgerichtet einzudämmen.

3. Bezüglich der Notwendigkeit dieser Schließungen wäre weiters festzuhalten, dass hier der Nutzen dem Schaden gegenübergestellt werden muss, um allenfalls eine Verhältnismäßigkeit zu begründen: Da jedoch keine relevanten Infektionsketten zu verorten sind und diverse Studien dies bestätigen, muss wohl auch der Nutzen der Schließungen offensichtlich vergleichsweise gering sein. Der Schaden hingegen ist bekanntermaßen für sämtliche Akteure des Kulturbetriebes geradezu existenzgefährdend – insbesondere für den Bereich der zahlreichen Freischaffenden.

Kunst und Kultur sind eben nicht die liebevollen Verzierungen eines substituierbaren Freizeitgenusses von abgehobenen Kulturliebhabern. Kunst und Kultur sind offensichtlich volkswirtschaftlich systemrelevant; weit grundlegender ist es aber die Summe aller Kulturleistungen, die auf individueller wie kollektiver Ebene Identität stiftet und uns dem Menschsein näher bringt. 

 

Comments

  • A.L. says:

    Why of course it is legal. Why should opera houses be different from anything else? These people trying to find loopholes in the law are undermining public health efforts to contain the pandemic. But they are not stupid, knowing they can capitalize on their actions and on the crisis.

    • Gustavo says:

      Florian Krumpöck

      I remember him doing some great Mahler (3) and John Williams in Neubrandenburg and Rostock Zoo, resp….in the good old days.

      All the best!

  • Doc Martin says:

    The politicians across EU are optimistically hoping for a vaccine solution to the on going Cov-19 pandemic to enable cultural centres such as opera houses and concert halls to open.

    Pfizer’s claim their Cov-19 vaccine “may be more than 90% effective.” (Mahase, BMJ 2020;371:m4347, November 9). However, the specific data are not given but it is easy enough to approximate the numbers involved, based on the 94 cases in a trial that has enrolled about 40,000 subjects: 8 cases in a vaccine group of 20,000 and 86 cases in a placebo group of 20,000.

    This yields a Covid-19 attack rate of 0.0004 in the vaccine group and 0.0043 in the placebo group. Relative risk (RR) for vaccination is 0.093, which translates into a “vaccine effectiveness” of 90.7% [100(1-0.093)]. This sounds impressive, but the absolute risk reduction for an individual is only about 0.4% (0.0043-0.0004=0.0039).

    The number needed to vaccinate (NNTV) is 256 (1/0.0039), which means that to prevent just 1 Covid-19 case 256 individuals must get the vaccine; the other 255 individuals derive no benefit, but are subject to vaccine adverse effects, whatever they may be and whenever we learn about them.

    We have already heard that an early effect of the vaccine is “like a hangover or the flu.” Will vaccinees who are later exposed to coronaviruses have more severe illness as a result of antibody-dependent enhancement of infection (ADEI), a known hazard of coronavirus vaccines? Is there squalene in the Pfizer vaccine? If so, will vaccinees be subject to autoimmune diseases, like Gulf War Syndrome and narcolepsy that have been associated with the adjuvant?

    We already know that current Covid-19 vaccine trials are unlikely to show a reduction in severe illness or deaths. (Doshi, BMJ 2020;371:m4037, October 21) Will they be like seasonal influenza vaccines, which have not proved to be lifesavers, and may even have increased overall mortality in the elderly? (Anderson et al, Ann Intern Med 2020;172:445)

    We need a lot more time and a lot more data, especially in view of massive uncertainties about Covid-19 case definitions and statistics.

    • Hayne says:

      Good post. Is the cure worse than the disease?
      “…in view of massive uncertainties about Covid-19 case definitions and statistics.”
      Well put. Governments make terrible political policy with this lack of information. But hey, that’s what governments do…

    • Sue Sonata Form says:

      I worry that this new vaccine will be a political rather than health fix. The older generation are those most at risk; surely quarantining them while allowing the rest of society to move forward, progress and thrive would be optimal. The ongoing opportunity cost is too shocking to contemplate.

      • Maria says:

        The elderly have always been locked away for months. Some have been found dead in their houses, died alone and no one knew. It can’t be run on an age based thing. Some erlderly in their 70s and 80s are in better health and fitter than some obese, diabetic with multiple medical conditions at 50 but has to go to work to survive. They can’t shield just to let others get on with their lives!!! We must all play our part, be generous, look out for each other, for those we don’t know, and use the lockdown as an opportunity rather than just say how awful it is.

        • Hayne says:

          Poverty and despair. We’re all in this together.
          There are no studies supporting
          these lockdowns. Period. Please show me where it makes
          any difference. Why do you not see the lives destroyed.
          People are dying early because they aren’t going to doctors for cancer, heart
          disease checkups etc. These are not “opportunities”.

  • Hayne says:

    Ok, Then why is it legal for govt to shut down everything? Because they say so?
    Follow the science.

    https://gbdeclaration.org/

  • Morgan Brickstone says:

    Either an academic ‘debate’ or attorneys fishing for a fee. The arguments, while worthwhile, totally lack context.

  • Gustavo says:

    In der gegenwärtigen Debatte völlig unberücksichtigt bleibt, wie COVID-19 vor dem Hintergrund der allgemeinen Überlebenswahrscheinlichkeit künftiger Humangenerationen in einer zunehmend naturfernen und kulturlosen Gesellschaft sich objektiv darstellt.

    Wir können als Homo “sapiens” doch nicht ernsthaft der Überzeugung sein, dass die Existenzfragen der Menschheit auf diesem Planeten durch Technologie alleine (Impfstoffe, Digitalisierung, E-Mobilität) zu lösen seien.

    Das eigentliche Problem ist doch die zunehmende Naturferne des Menschen – künstliche Intelligenz und künstliche Lebenserhaltung – die die rudimentäre Fähigkeit zur Selbstverantwortung und Selbsterkenntnis gänzlich ersetzen soll.

    Wir haben als Menschen vergessen, dass wir ein Teil der Natur sind. Der anthropozentrische Fokus auf COVID-19 als soziokultutelles Phänomen ist Zeugnis dieser Naturferne bzw. fehlgeschlagenen Nächstenliebe, die kein Mitleid mit nicht-humanen Lebewesen kennt und auf erschreckender Weise an sozial-darwinistische Gepflogenheiten (Gruppenselektion zur Erhaltung der eigenen Spezies) gemahnt.

  • Firing Back says:

    Ridiculous. As are most opera news stories, actually.
    Desperate to stay relevant (to whom? Only themselves?), desperate to keep box-office money coming in, they actually think that, in a world pandemic, the general public cares in any way about them.

    Spoiler: the public doesn’t give a cow’s udder if the opera house is open or not. Opera people now need to keep their doors and mouths firmly closed.

    FM

  • cynical bystander says:

    I can understand that Austria is especially suffering from the closing of cultural institutions. Without the patina of Kultur, they might have to face the raw realities of their society.

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